Ein „AudioWalk“ von Jena-Cospeda zum Napoleonstein

Letze Woche wollten wir Duftveilchen suchen und sammeln. Die Sonne schien, der Himmel war blau, es war ein herrlich warmer Frühlingstag. Nur wurde nichts aus diesem Vorhaben, es kam uns auf unserem Weg etwas dazwischen – ein Museum.

Das „Museum 1806“ in Jena-Cospeda

Der freundliche Herr im Museum, gab uns einen genialen Tipp, da er merkte, dass es uns ins Freie zog: wir könnten doch zum Napoleonstein mit dem „AudioWalk“ gehen, es würde uns sicher gefallen…

…und das hat es.

Es war ein faszinierender „Hörspaziergang“. Eine Collage aus Klängen, Geräuschen, zeitgenössischen Stimmen  und nachgestellten akustischen Szenen nach historischen Texten und den „Erinnerungen der Luise Seidler“.
Luise Seidler erlebte diese denkwürdige Zeit des 14.Oktober 1806, Napoleons Schlacht bei Jena und Auerstedt,  als Zeitzeugin in Jena. Sie war Malerin und von Goethe sehr geschätzt und gefördert.

 Die Technik kurz erklärt, die Kopfhörer auf, den Anweisungen und den Schritten der Sprecherin folgend ging es aus dem Museum, die Treppen hinab bis zum Bordstein. Dort mußte man kurz warten, da eine Gruppe Menschen mit Gesang auf der Straße vorbeikam… Es war so echt, dass ich schaute, ob der Gesang von draußen oder von drinnen aus den Kopfhörern kam. Die Sprecherin bat, ‚…dem Klang meiner Schritte zu folgen, damit wir zusammen bleiben können…’*
Man hörte ihre Schritte, die akustisch genau mit dem Klang des Untergrundes übereinstimmten, auf dem man gerade selbst ging. Und über diese Schritte sind Alltagsgeräusche (vorbeifahrende Autos, Unterhaltungen usw.) zu hören, eingebettet in das Momentane, dem Wind, die Landschaft, dem Geruch nach Erde und Pferden.

‚…meine Schritte aus der Vergangenheit, die sich mit Ihren in der Gegenwart vermischen…’*. 

So lebendig, wie das Schnaufen eines Pferdes, sein Galoppieren, so werden die Geräusche aus der Vergangenheit vor 200 Jahren wahrnehmbar.
…es kann schon geschehen, dass man zur Seite springt, weil plötzlich Pferde im Galopp von hinten immer näher kommen und im Nu sind sie links und rechts vorbei. 
Unglaublich wie genial diese hörbare Zeitreise gemacht ist, ein akustisches Kunsterlebnis. 
… oder salopp gesagt, die 3D-Variante für die Ohren.

Ein Satz blieb mir u.a. im Gedächtnis hängen: ‚… mit jedem Soldaten, der stirbt, sterben auch seine Nachkommen – Menschen, die vielleicht die Welt geändert hätten…’*

Dieser „Hörspaziergang“ dauert ca. 30 min (zurück ca. 15 min), mit einer kleinen Pause auf einer Bank, um der Melodie eines Klavierstückes lauschen zu können.

Angekommen am Napoleonstein schaut man in die Weite, über Jena und das Saaletal – der Gedanke, dass hier vor über 200 Jahren Napoleon gestanden haben soll, braucht Gewöhnungszeit.
Wir nahmen Platz auf der Bank, so wie es uns die mittlerweile vertraute Stimme empfahl. Mein Blick löste sich von der Ferne und schaute auf das Naheliegende. Hier, inmitten vieler Steine lag ein Herz, ein steinernes Herz. Verhärtet im Laufe der Jahre, Schutz gesucht in der Erde und doch sichtbar und erkennbar.  
Wer hat wohl sein Herz am Napoleonstein verloren oder gelassen?

Dieser „AudioWalk“ ist ein unvergessliches (Klang)Erlebnis und ein Klanggewebe von Zeitgeschichte. Es berührt und wirkt nach.
Der kanadischen Künstlerin JANET CARDIFF ist etwas gelungen, das ‚…Orte in uns weiter leben lässt, wenn wir sie verlassen…’* – einfach großartig.

Vielleicht ein Geheimtipp für einen Osterausflug oder was auch immer…, es lohnt sich!

Veilchen haben wir doch noch gefunden, jedoch ohne Duft.
Der Anfang…                                 Die Ausrüstung…                    Der Weg….
Auf dem Weg…
Spuren
Die unbekannte Schlange mit dem gelben Maul…
Der Napoleonstein am Windknollen

Der historische Boden vom 14.Oktober 1806 bei Jena

Das verlorene Herz…

  *Nach meiner Erinnerung an den „Audiowalk“-Text von Janet Cardiff/George Bures Miller

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Ein „AudioWalk“ von Jena-Cospeda zum Napoleonstein
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